SCHNELLEINBÜRGERUNGS-POINT

Ein Projekt zusammen mit Ralf Homann und Manuela Unverdorben

Kunstverein Nürnberg - Lines of Mobility, 2002
Bahnhöfe sind Marken des öffentlichen Raumes, und an ihnen können gesellschaftliche Verhältnisse abgelesen werden. Das wird schon daran sichtbar, dass Bahnhöfe de jure keine öffentlichen Räume sind, jedoch de facto zu den zur Zeit bevölkertsten öffentlichen Räumen gehören.

Schnelleinbürgerung ist eine Parabel auf den Bahnhof selbst. Denn Bahnhöfe bedeuten Reisen. Reisefreiheit steht heutzutage aber nur noch Personen mit einem privilegierenden Bürgerrecht zu.

Die Weltoffenheit Deutschlands und seiner Bahnhöfe wird konterkariert von den Bestimmungen zur Residenzpflicht für migrante Personen:
Wer den von der deutschen Administration willkürlich zugewiesenen Landkreis verlässt, macht sich strafbar.
Die Arbeit Schnelleinbürgerungs-Point führt zwei Begriffe in einer Denkfigur zusammen, die in Europa - besonders in Staaten die dem ius sanguinus Vorrang geben - als Widerspruch begriffen wird, gar als undenkbar gilt und ein Vorstellungstabu darstellt.

*schnell* kann hierzulande niemand eingebürgert werden. Einbürgerung wird von der Mehrheitsgesellschaft als sehr langsamer, eher Generationen dauernder Assimilierungsprozeß oder als eine Integrationsleistung in Form einer Bringschuld durch die Migranten und Migrantinnen imaginiert.

Selbst nach Jahren spielt die Herkunft deutscher Staatsbürger noch eine Rolle.
Der Schnelleinbürgerungs-Point verweist gerade in seiner Verortung in der Stadt Nürnberg auf zweierlei:

Zum einen auf die historische Tatsache, dass mit den sog. 'Nürnberger Gesetzen' hier einer der unrühmlichsten Rechtsvorschriften errichtet wurde, die das Staatsbürgerschaftsrecht des Deutschen Reiches rassistisch und antisemitisch neu fasste.

Und zum anderen auf den Fakt, dass sich im Nürnberg der Gegenwart zwei zentrale Verwaltungen zur Steuerung der Migration unter dem Vorzeichen einer globalisierten Welt befinden:
Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge und das Bundesarbeitsamt, das den rassistischen Grundsatz 'Arbeit zuerst für Deutsche' verwaltungsmässig seit der Anordnung durch den damaligen Bundesarbeitsminister Norbert Blüm umsetzt.